Muss er weg oder darf er bleiben? Die Sarotti Werbeanlage im Capitol Mannheim
Im Mannheimer Capitol fand am 19.2.2019 in Kooperation mit Mannheim sagt ja! e.V. eine weitere Diskussionsveranstaltung rund um das Thema Rassismus und die Sarotti Werbeanlage über der Capitol-Theke statt. Gut 60 TeilnehmerInnen füllten das Casino des Capitol, was das starke Interesse an dem Thema eindrücklich dokumentiert.
Im Nachgang zu unserer Veranstaltung „Monnemer of Color“ am 10.10.2018 ebenfalls im Capitol und der anschließenden teilweise sehr hitzig geführten Debatte hat die Geschäftsführung der Mannheimer Kulturinstitution das Thema ernsthaft und intensiv aufgegriffen. Nach mehreren internen und öffentlichen Diskussionen mit interdisziplinär besetzten Expertengremien stand nun die öffentliche Diskussion auf dem Programm. Die Moderation wurde leidenschaftlich und engagiert von Gerhard Fontagnier übernommen.
Als ReferentInnen kamen zu Wort: Prof. Dr. Ulrich Nieß vom Marchivum Mannheim, Dr. sc. Halua Pinto de Magalhaes von der Uni Heidelberg und Frau Tina Koch vom Mannheimer Antidiskriminierungsbüro.
Eingeführt wurde das Thema durch eine Kunsthistorische Betrachtung der Figur des Mohren durch Prof. Dr. Ulrich Nieß. Er ging vor allem auf die durchaus multivalente Bedeutung der Figur des Mohren ein und machte deutlich, dass es durchaus auch nicht-rassistische Bedeutungsebenen der Darstellung gibt.
Hervorragend kontrastiert wurde der erste Vortrag durch die Darstellung von Dr. Pinto de Magalhaes, der überzeugend darstellte, wie alle positiven Deutungsversuche letztendlich von der kolonial-rassistischen Symbolik überlagert werden. Vor allem wurde die Verbindung zwischen der symbolisch aufgeladenen Darstellung und eigenen lebensweltlichen Ausgrenzungs- und Rassismuserfahrungen deutlich gemacht.
Schlussfolgernd wurde resümiert, dass in einer Gesellschaft, die sich dem Abbau von Rassismus und strukturell institutionalisierten Machtverhältnissen verschrieben hat, ein Aufrechterhalten der Darstellung des Mohren nicht in Frage kommen kann.
Den Bogen zu konkreten Taten in der Bekämpfung von Rassismus und Ausgrenzung spannte Tina Koch, die von der täglichen Arbeit im Antidiskriminierungsbüro berichtete und den Anwesenden Mechanismen und Strukturen alltagsrassistischer Lebenswelten beschrieb.
Lebhafte Diskussionsrunde mit Prof. Nieß, Dr. de Magalhaes, Gerhard Fontagnier und Tina Koch
Die anschließende Diskussionsrunde war insgesamt von einem stark spürbaren Interesse an einem konstruktiven Austausch geprägt. Auch wenn die Positionen zumindest anfänglich ganz unvermittelbar und gegenseitig nicht anschlussfähig erschienen (auf der einen Seite eine historisch, wissenschaftliche Herleitung des Befundes, dass es sich um eine rassistische Darstellung / eine Reproduktion rassistischer Stereotype handelt und auf der anderen Seite der individualhistorische Befund „ich fand den Mohren immer süß, also ist er nicht rassistisch“) konnten im Verlauf der Diskussion einige Gräben überbrückt werden.
Sicherlich bleiben nach wie vor divergente Positionen und Haltungen. Aber die Veranstaltung hat wieder gezeigt, dass die Mannheimer Stadtgesellschaft ein Interesse daran hat, Ausgrenzungen zu bekämpfen und einen gemeinsamen Weg mit allen BürgerInnen zu finden, gleichberechtigt zusammen zu leben. Der Umgang mit der Figur selbst bleibt der Leitung des Capitol überlassen. Diese verschafft sich aber durch diese und andere Veranstaltungen eine solide Entscheidungsgrundlage, die allen Interessierten anbietet, sich zu beteiligen. Wir freuen uns, dass wir von Mannheim sagt ja! e.V. hierzu Anstöße liefern können und werden uns weiter aktiv um das Thema bemühen.
Text: Dr. Tobias Vahlpahl
Bilder: Kommunalinfo Mannheim. Vielen Dank für das Bildmaterial.